Es klingt schon etwas seltsam. Gibt es tatsächlich Kaffeemehl zum Backen? Damit ist nicht der Kaffeesatz nach dem Brühen oder Kaffeepulver gemeint, sondern Mehl aus der Kaffeekirsche.
Es braucht Zeit und Geduld, bis ein Kaffeebaum Früchte trägt. In der Regel dauert es drei Jahre. Von der Blüte bis zur Ernte kommen nochmals 9 Monate dazu. Sind sie dann endlich reif und geerntet, bleibt immer noch ein weiter Weg bis zur braun-schwarzen Kaffeebohne. Das hängt mit dem Aufbau der Kaffeekirsche zusammen.
Die Bohne ist eigentlich der Samen der Kaffeefrucht und liegt gut geschützt in ihrem Inneren. Um diesen Kern dreht sich bei der Kaffeeproduktion letztlich alles. Die Frucht besteht aus mehreren Bestandteilen:
Um den Samen davon zu trennen, werden die Kirschen nass oder trocken aufbereitet. Dies passiert in mehreren Arbeitsvorgängen. Bei beiden Verfahren wird das Fruchtfleisch mit einem Entpulper mechanisch entfernt. Den übrig bleibende Kirschbrei (Pulpe) entsorgen die Plantagen und Kaffeebauern als Abfall. Je größer die Ernte, desto mehr Pulpe fällt an. Immerhin ist das mehr als die Hälfte der ursprünglichen Kaffeekirsche.
Pulpe fällt als Nebenprodukt schon seit Jahrhunderten in beträchtlichen Mengen bei der Kaffeeproduktion an. Trotzdem fehlte es an einer vernünftigen Verwendung. Teilweise wurden die Reste einfach nur in den umliegenden Flüssen der Anpflanzungen entsorgt.
Kaffeemehl ist das getrocknete und gemahlene Fruchtfleisch der Kaffeekirsche, nachdem der Samen (Bohne) herausgelöst wurde.
Als Dünger eignet sich Pulpe nur bedingt. Wird sie auf dem Boden zwischen den Kaffeebäumen verteilt, schimmelt sie schnell und bildet den Nährboden für Schädlinge wie z.B. den Bohrkäfer.
Teilweise trocknen die Bauern die Pulpe in der Sonne und verwenden sie als Brennstoff. Aber weder ist der Brennwert nennenswert, noch lassen sich die riesigen Abfallmengen dazu verarbeiten.
Die Idee, Kaffeemehl herzustellen, entstand erst vor ein paar Jahren. Als der ehemalige Starbucks Ingenieur Dan Belliveau auf einer Plantage knietief in Pulpe stand, fragte er sich, ob diese nicht auch getrocknet und als Mehl verwendet werden könnte.
Nach einigen Startschwierigkeiten wurden die ersten 50 Kilogramm Reste an Kaffeekirschen getrocknet und gemahlen. Mittlerweile verwenden es mehrere Großunternehmen in den USA als Zusatz für Backprodukte wie z.B. Muffins, Brownies und Snacks. Unter der Bezeichnung "Coffee Flour" ist es dort auch im Handel erhältlich. Dennoch gilt es bisher im Markt noch immer als exotisches Nischenprodukt.
Kaffeemehl hat eine braune Farbe wie gemahlener Kaffee, schmeckt fruchtig und besitzt dezente Röstaromen. Es ist naturgemäß glutenfrei und eignet sich vor allem zum Backen von Kuchen. Darüber hinaus ist es ausgesprochen gehaltvoll an Ballaststoffen und Mineralstoffen.
Beim Backen verleiht Kaffeemehl dem Gebäck eine tiefbraune Farbe und verstärkt die Geschmacksnuancen bzw. Aromen der Rohstoffe im Teig.
Das Geschäftsmodell ist denkbar einfach. Die Kaffeebauern können neben den Bohnen nun auch die Reste der Kaffeekirschen verkaufen. Vorher landeten diese auf dem Abfall. Der zusätzliche Aufwand für das Trocknen der Schalen und das Mahlen in den Mühlen zu Kaffeemehl, schafft wiederum neue Arbeitsplätze.
Praktiziert wird diese Zweitverwertung besonders in Anbaugebieten in Nordamerika und Südamerika. Sicherlich bald mit globaler Erweiterung.
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